Erziehung am Limit – Drei Elternpaare auf Bildungsmission in Kroatien

Nach den Ergebnissen der Nordrhein-Westfälischen Meisterschaft sowie der Deutschen Jahrgangsmeisterschaft beschlossen drei Elternpaare, die anstehende dreiwöchige Trainingspause ihrer Sprösslinge nicht als wohlverdiente Erholung, sondern als pädagogisches Zeitfenster zu nutzen. Das Ziel: Erziehung durch Disziplin, Struktur und eindeutige Trainingsziele – liebevoll verpackt in einem selbst organisierten „Erlebnis-Bootcamp“ in Kroatien.

Gruppe „Pädagogik & Strafe“ – gegründet um 23:41 Uhr

Nach über 1.000 WhatsApp-Nachrichten in einer eigens gegründeten Chatgruppe mit dem charmanten Titel „Ehrgeiz & Eltern“ war klar: Die Kinder werden nicht gefragt. Die Jugendlichen wurden unter mildem Protest und leichtem Augenrollen in ein elterngeleitetes Bootcamp verschleppt. Die Hinfahrt (16 Stunden Nonstop-Therapie) begann mit einem fröhlichen Handyverbot und der ersten von vielen pädagogischen Maßnahmen.

Saisonziele? Die sitzen jetzt!

In verschiedenen Intervallen wurden die Rudolph-Punkte-Ziele für die kommende Saison abgefragt – samt Bestzeiten, Zwischenzeiten, Trainingsvolumen und erwartbarer Medaillenausbeute. Wer bei 200 Lagen unter 1:54 antwortete, durfte tief durchatmen. Wer zögerte, musste den Vereins-Eid („Ich schwimme, also bin ich“) fehlerfrei und akzentfrei in rückwärts gesprochenem Mandarin vortragen. In den abfragefreien Intervallen widmeten sich die Eltern der kulturellen Bildung: Ein Kind musste mit einer Mundharmonika lautmalerische Lateinvokabeln nachspielen, weitere Maßnahmen betrafen Schriftübungen, um sicher Sütterlin schreiben und lesen zu können.

In den Abfragepausen wurde folgerichtig auf künstlerische Bildung geachtet: Eine mitreisende Mundharmonika begleitete rhythmisch die Lernphasen, wobei Klassiker wie „Delphin im Nebel“ oder „Brustzug in B-Moll“ zum Einsatz kamen. In den Fahrpausen erhielten die Jugendlichen nach vorheriger Genehmigung zum Toilettengang zusätzlich 30 Liegestütze auf einem Arm – damit die Muskulatur auch während der Anreise nicht degeneriert; hier wurde insbesondere auf die Rumpfmuskulatur geachtet.

Anreise auf Umwegen – Flugpädagogik inklusive

Ein Elternpaar konnte nicht mit dem Auto anreisen – die Summe aus waghalsigen U-Turns vor dem Vitusbad und chronischem Parken im Halteverbot hatte unglücklicherweise zum Führerscheinverlust geführt. Der erzieherische Eifer blieb dennoch ungebrochen: Man flog Economy-Class – mit „Erziehen durch Druck“-Lektüre  und einem Stehplatz im Flugzeug für den mitreisenden Sportler zur Selbstreflexion.

Klippenpädagogik & Elternschock

Am ersten Tag stand „Schockbewältigung“ auf dem Programm. Die Jugendlichen mussten eine 18-Meter-Klippe hinab ins Meer springen. Angstgesichter wurden durch einen pädagogischen Mini-Schubs abgelöst. Leider erhielt ein Elternteil währenddessen zwei neue WhatsApp-Einladungen – einmal „Trainingslager 2027“ und einmal „Mannschaftswechsel“. Dieser Doppelschock war zu viel. Das Elternteil stürzte (unkontrolliert) in die Fluten; während des Sturzes entsorgte er parallel sein Smartphone. Die Kinder reagierten besonnen: Sie nutzten das Handy eines anderen Elternteils (die Geräte waren ja alle eingesammelt) und riefen Bruno – den technischen Seelsorger des Vereins – per FaceTime an.

Brunos Ferndiagnose: täglich ein in Weichblech verkapseltes Hopfen-Malz-Getränk in Schattenlage – schon fühlte sich das Elternteil wieder zu Hause.

Der Vereinsvorstand wurde ebenfalls informiert – allein schon wegen der WhatsApp-Gruppenanzahl. Er tauschte daraufhin sein iPhone gegen ein Nokia 3310. Ohne Farbdisplay. Sicherheitshalber.

Training im Rhythmus der Sonne

Nach diesem Zwischenfall begann das reguläre Tagesprogramm. Trainingsbeginn: 06:00 Uhr („es ist ja schließlich Urlaub“). Erste Einheit: 1.500 Meter Delfin maximal im offenen Meer. Weitere Highlights:

  • 4×500 m Rücken mit nur einem Arm
  • 8×200 m Brustarme bei zusammengebundenen Beinen
  • 7×1000 m Freistil mit 20er-Zug

Diese Trainingseinheit wurde täglich wiederholt; die Zeiten täglich nach oben korrigiert. Bei Versagen wurden die Kinder wieder von den Klippen geworfen.

Einige Eltern hätten sich zwar etwas mehr Freiwilligkeit in den trainingsfreien Minuten gewünscht – aber man nimmt, was man kriegt.

Die Handys der Kinder wurden vorsorglich auf eBay verkauft. Der Erlös floss in einen erlesenen Elternabend mit unglaublich viel Fleisch und regionalen Weinen – für eine ausgeglichene elterliche Grundstimmung im Sinne der Nachhaltigkeit. Die Kinder mussten für ihr Essen selbst sorgen; aufgrund der Möglichkeit in den Unterkünften, konnten die Kinder aber als Kellner arbeiten, und sich ihren täglichen Salat und Turfo selbst finanzieren.

Abendroutine & Selbstlob

Bettzeit war jeden Tag 20:30 Uhr – durchgesetzt mit Panzertape und der Drohung, das WLAN-Passwort zu löschen. Die Jugendlichen lernten dabei sogar heimlich analog zu lesen. Natürlich auschließlich die Rudolph-Tabelle.

Die Eltern zeigen sich zufrieden: „Wir hatten eine tolle Zeit. Die Sportler waren beschäftigt und hatten nahezu keine Freizeit. Das System ist skalierbar.“

Die Jugendlichen wiederum freuen sich, endlich wieder ins normale Schwimmtraining zu dürfen, denn schlimmer als Trainer sind halt manchmal die Eltern.

Nachwort – Warum dieser satirische Artikel?

Ein Verein lebt vom Zusammenhalt – im Schwimmbad, auf der Tribüne und in den Chats. Unsere Jugendlichen absolvieren Schule und Training vorbildlich, zeigen Disziplin, Engagement und Teamgeist. Aber das Wichtigste – neben allen Zeiten, Punkten und Medaillen – sind Freundschaften, das gemeinsame Lachen am Beckenrand, das Teilen der Müsliriegel (vegan!), der Teamgeist im Wettkampf und der Mut, Leistungssport zu betreiben.

Vielleicht sollten wir Eltern uns gelegentlich – wenn nicht ausdrücklich begründet – ein klein wenig zurücknehmen und einfach anerkennen, was diese Jugendlichen leisten; das gilt auch für alle Trainer:)  Nicht alles muss geregelt, kommentiert oder mit Statistiken aufbereitet werden. Unsere Kinder sind nur einmal jung. Diese kurze, intensive Lebensphase verdient Respekt, Motivation statt überbordene Kontrolle, Begleitung statt Dauerüberwachung. Leistung? Auf jeden Fall! Mal in den Arm nehmen? Noch viel wichtiger!

Und vielleicht – nur vielleicht – erinnert sich jede*r einmal an die eigene Pubertät: an die Sorgen, Unsicherheiten, kleinen Dramen, Träume und Ängste, die nichts mit Sport oder Schule zu tun hatten – und trotzdem sehr real waren.

Ein Zitat in diesem Zusammenhang von Florian Wellbrock: Das veränderte Mindset ist, dass ich einen Weg für mich gefunden habe, wieder Spaß am Wettkampfschwimmen zu haben« Hierfür sind wir alle verantwortlich! Funktionäre, Eltern und Trainer: Denn Herr Wellbrock hat gezeigt, was wirklich wichtig ist! Spaß am Sport und Selbstvertrauen und der Glaube, dass man nie aufgeben soll oder aufgegeben werden soll!

Wir freuen uns auf eine erfolgreiche kommende Saison, mit vielen motivierten Jugendlichen, starken Zeiten – und einer guten Portion Leichtigkeit. – und dann schwimmen unsere Kinder ganz weit vorne! Denn die Gemeinschaft schafft den Erfolg.

Und an alle Eltern, die gern den Trainingsplan aus Kroatien hätten: Meldet euch gern – er ist so brutal wie erzieherisch wertvoll.

Und noch ein Wunsch zum Schluss:
Wenn jemand Satire nicht versteht, bitte keine neue WhatsApp-Gruppe gründen. 😊

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